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Pilgern auf der Via Gebennensis: Neydens - Charly Etappe 2

  • Autorenbild: Pilgern unter einem Hut - Unterwegs mit Sandra
    Pilgern unter einem Hut - Unterwegs mit Sandra
  • 3. Sept.
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 10. Sept.

Lies unten, warum Frau Pilgerhut heute besser mal rechtzeitig einen Blick in ihren "Guide jaune" geworfen hätte


Via Gebennensis - Tag 2 - Kühe auf dem Jakobsweg & eine teure Verwechslung

Erster Sonnenaufgang auf der Via Gebennensis
Erster Sonnenaufgang auf der Via Gebennensis

Bonjour, Bonjour!

Frankreich ist sehr höflich


Neuer Tag - neues Glück. Der zweite Tag auf der Via Gebennensis begrüßt mich in Neydens mit einem tollen Sonnenaufgang durch mein Fenster und einem - für französische Verhältnisse - üppigen Frühstücksangebot im Aufenthaltsraum. Da ich aber noch nie die frühe Frühstückerin war, lasse ich es unberührt stehen.

Hustenstatus: minimal besser, weit entfernt von gut. Brav nehme ich zumindest meinen Saft.  

Die Luft ist schon angenehm warm, als ich auf den Weg vor der Tür trete. Es wird ein sommerlicher Tag mit 26 Grad werden.

Was mir in den ersten Minuten durch Neydens extrem positiv auffällt: ALLE Franzosen denen ich begegne grüßen freundlich, ob zu Fuß, auf dem Fahrrad, auf dem Motorrad oder im Auto. Ein Autofahrer hält sogar an, kurbelt die Scheibe runter und wünscht mir auf deutsch: "Guten Morgen!" Wie bitte ist das möglich? Ich habe keine Ahnung, woran man mir ansehen kann, dass ich deutsch spreche, aber irgendwas Deutsches muss meine Nasenspitze wohl an sich haben. Ich schau mich um, ob der wirklich mich meint, aber außer mir ist keiner da. 


Heute wird der Weg gut gewiesen


Kurz hinter Neydens beginnt, zunächst über Wiesenhänge, der erste Anstieg des Tages. Auf etwa halber Höhe motiviert diese geschnitzte Pilgerfigur alle Vorbeikommenden mit den Worten: Pilger - du bist auf dem richtigen Weg.


Pilger - du bist auf dem richtigen Weg
Pilger - du bist auf dem richtigen Weg

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Und tatsächlich lässt sich der Weg heute auch wesentlich besser verfolgen als gestern. Die Markierungen sind top und zahlreich angebracht. Die stilisierte Muschel auf blauen Grund weist immer in die richtige Richtung. In die, wo die Strahlen zusammenlaufen. Nach Santiago.



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Ich gehe eine Weile durch wunderbar lichten Laubwald. Ich liebe diese Art von Wald. Weicher Boden, hellgrünes Laub und die Sonne, die durch das Blätterdach bricht. Es riecht unglaublich gut. Zeit tief zu Atmen. Dann öffnet sich der Wald und ich trete in die offene Landschaft mit hinaus. Die ist nicht minder schön.


Idylle ganz für mich alleine


Im Gegensatz zum Beginn des Camino Francés, der sich ja erst kurz vor der spanischen Grenze, in Saint-Jean-Pied-de-Port, an die französischen Pilgerrouten anschließt, ist es auf der Gebennensis ziemlich ruhig, um nicht zu sagen einsam, andere Pilger sind Einzelexemplare. Ein krasser Unterschied. Mir gefällt das sehr gut, auch wenn es bedeutet, dass es nicht alle fünf Kilometer ein Café oder eine Bar zum Pause machen gibt. Es ist extrem idyllisch, die Vögel zwitschern aus allen Kehlen, gelbe Löwenzahnfelder, weiße Wattewolken, ansonsten der Himmel strahlend blau. Am Horizont die Ausläufer der Alpen. Wie im guten Märchen. Für Heidi ist es nicht alpin genug.


Natur pur zwischen Beaumont und Charly
Natur pur zwischen Beaumont und Charly

Und bei soviel Idylle dürfen natürlich auch ein paar bunte Kühe nicht fehlen. Leider ohne Zaun stehen sie plötzlich mitten auf dem Jakobsweg vor mir. Glotzende Kühe. Warum müssen alle Kühe immer so glotzen? Nach einer miserablen Erfahrung vor mehreren Jahren im Allgäu hält sich meine Freude bei unerwarteten Kuhintermezzos in Grenzen.

Da meine Alternativen (umdrehen und zurückgehen) begrenzt sind, nähere ich mich vorsichtig, vermeide das Zurückglotzen und mache Bögen um massive Leiber, wo es geht. Als ich die Weide verlasse, bin ich heil und froh. Von vorne nähern sich mir fünf englisch sprechende Damen mit zwei Hunden. Wahrscheinlich Tagesausflüglerinnen von Genf. Sie betreten die Weide hinter mir, ebenfalls nur mäßig begeistert, im Gänsemarsch hintereinander, die Hunde kurz angeleint. Trotzdem bedrängen einige Tiere die Frauen mit den Hunden, die sie lautstark versuchen zu verscheuchen. Ich wette, die waren genau so happy wie ich, als sie das Gatter auf der anderen Seite wieder zwischen sich und die Kühe gebracht hatten.


What? Kühe auf meinem Jakobsweg? Fast ein No-weiter-go für mich
What? Kühe auf meinem Jakobsweg? Fast ein No-weiter-go für mich


Toller Weg, heute grandios beschildert, mit Bergrücken "Le saleve" im Hintergrund
Toller Weg, heute grandios beschildert, mit Bergrücken "Le saleve" im Hintergrund

Französisches Bergpanorama - nur welches?


Blick von Sainte Blaise Richtung Süden
Blick von Sainte Blaise Richtung Süden

Einige Kilometer weiter, linker Hand, und in ordentlicher Distanz, eröffnet sich mir und begeistert mich lange, der Blick auf ein wundervolles französisches Bergpanorama.  Ob der Mont Blanc zu sehen ist, weiß ich leider nicht. Ich glaube eher nicht, denn da müsste meiner Ansicht nach wesentlich mehr Schnee drauf liegen. Das hier sind wahrscheinlich eher Berge, die sich zu einer Höhe von etwa 2500 Meter erheben. Ich vermute, dass es sich um das Massiv Aravis handelt, das zu den französischen Voralpen gehört. Ganz sicher bin ich aber nicht. Auf jeden Fall liegt der Mont Blanc auch in dieser Richtung, nur noch weiter dahinter und wahrscheinlich verdeckt.


Zweite Übernachtung: Auberge de Charly et ses filles - Achtung!


Ich habe meine Unterkunft in Charly heute nicht vorgebucht, verwechsle aber bei meiner Ortsankunft eine private "Auberge" mit der kommunalen Herberge in der ich eigentlich schlafen wollte. Ich hatte nicht richtig gelesen in meinem Büchlein und dachte, es gäbe dort nur eine Unterkunft. Wow. Was ein grober Fehler! Ich hatte geglaubt "Auberge" ist gleichbedeutend mit Gemeinschaftsherberge. Ist es aber nicht. Eine Auberge ist im französischen eben auch ein ganz normaler Gasthof und entsprechend hochpreisiger als die Pilgerunterkunft, die ich dort ansteuern wollte.

Das Etablissement ist sauber und gut, aber wirklich, sehr, sehr teuer für eine Nacht in einem nicht sehr modernen Einzelzimmer.  Ich bin doch ganz schön verärgert, als ich meinen Fehler zu spät, also erst beim Bezahlen, bemerke. Hätte ich besser genauer in meinen gelben Reiseführer geschaut, bevor ich in die Auberge gestürmt bin. Es war die erste Unterkunft am Weg, die gesehen hatte und ich war müde.

Also passt auf, wenn ihr in Charly stoppt, dass ihr an der günstigeren Alternative haltet: Gite etape communal Chez Odette. Auch, wenn ihr der Ruf vorauseilt, sie sei nicht ganz sauber. Sie ist definitiv günstiger.


Die Auberge Charly et ses filles - alles gut soweit, aber viel zu teuer!
Die Auberge Charly et ses filles - alles gut soweit, aber viel zu teuer!

Das ist übrigens der Guide Jaune - der unverzichtbare Führer, der französischen Jakobswegfreunde
Das ist übrigens der Guide Jaune - der unverzichtbare Führer, der französischen Jakobswegfreunde

Tagesfazit: Ich gehe langsam, mache eine kurze Etappe und komme an. Der Tag war wesentlich besser, als die Etappe gestern, aber der Husten macht mir immer noch richtig zu schaffen. Richtig gut fühle ich mich nach wie vor nicht, aber der Plan auch für morgen heißt: Weitergehen.


Der nächste Etappenstopp heißt für mich: Frangy

Wenn du Frau Pilgerhut weiter durch Frankreich begleiten willst, lies weiter im nächsten Beitrag.






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Die Frau (unterm) Pilgerhut:

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Autorin | Pilgerin | Pilgersteinmalerin | Hobbyfotografin |

4 Jakobswege = 1650 km

Buen Camino!

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